|
Autor: Rüdiger Pfeiffer |
Februar 2007 nmz 2/07 Seite 53
Zeitgenössische Musik mit Elan
15. Tonkünstlerfest und 13. Jugend-Kompositions-Wettbewerb des DTKV
Sachsen-Anhalt
Dr. Sigrid Hansen (rechts) überreicht Daniela Gerstmann die Teilnahme- Urkunde am Jugend- Kompositionswettwerb.
Als erster DTKV-Landesverband, der in den neuen
Bundesländern 1991 aus dem Weimarer Fünf-Länder-Verband hervorgegangen war,
kann der LV Sachsen-Anhalt auf 15 bewegte und erfolgreiche Jahre in den
Turbulenzen der Kulturpolitik zurückblicken. Seither engagiert er sich unter
der Ägide seiner Vorsitzenden Dr. Sigrid Hansen
konsequent und mit Elan für die Tonkünstler, für die zeitgenössische Musik
sowie deren Popularisierung und Vermittlung bis in die Schulen hinein. Im
Zentrum des Engagements stehen insbesondere Aufführungen in Sachsen-Anhalt,
das sich als mitteldeutsches Barockmusikland mit Bach, Händel, Fasch und
Telemann dezidiert kulturtouristisch präsentiert.
Obwohl die finanziellen Mittel mit der Zeit ein drastisches
Diminuendo smorzando erfahren haben, gelang es mit Unterstützung engagierter
Kooperationspartner und Mit-Veranstalter sowie durch Förderung seitens des
Kultusministeriums Sachsen-Anhalt, vom 19. bis 26.11.2006 das 15.
Tonkünstlerfest Sachsen-Anhalt unter der Schirmherrschaft des Kultusministers
Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz durchzuführen. Traditionell in der
Landeshauptstadt Magdeburg angesiedelt, werden seit einigen Jahren auch
zunehmend Veranstaltungsorte einbezogen, die sich zu weiteren Stützpunkten des
LV in Sachsen-Anhalt entwickeln.
So fand das Auftaktkonzert des 15. Tonkünstlerfestes in
Bernburg statt, wo Musikpädagogin Vera Böhlk mit ihrer Musikschule nicht nur
die Veranstaltungsorganisation übernommen hatte, sondern auch eine Reihe ihrer
fortgeschrittenen Schüler mit zumeist zeitgenössischen Musikwerken vorstellen
konnte. Unter den Gästen waren auch Vertreter des DTKV Thüringen, mit dem es
bereits im Vorjahr einen Konzertaustausch gegeben hatte. Das zahlreich
erschienene Publikum dankte im kunstgerecht restaurierten Bürgersaal der
einstigen fürstlich-anhaltischen Residenzstadt mit viel Applaus den jungen
Musikanten im Alter
von 6 bis 18 Jahren, die teilweise weit (aus
Salzwedel/Altmark, Magdeburg, Halle/Saale, Jena) angereist waren.
Mit ihrem virtuosen Violinspiel ließ die 13-jährige
Elisabeth Gebhardt, Halle/Saale, ebenso aufmerken wie das Geschwisterpaar
Konstantin und Benedikt Pilz (6 und 8 Jahre), das Stücke des Weimarer
Komponisten Karl Dietrich mitgebracht hatte. Mit Dorothea Schuffenhauer,
Magdeburg, und Thomas Buchholz, Halle/Saale, spielten die jungen Künstler Komponisten
aus Sachsen-Anhalt.
Auch das festliche Eröffnungskonzert in dem an den
Lenne-Park an der Elbe angrenzenden Gartensaal des Gesellschaftshauses, bei dem
sich A-cappella-Gesang mit Klavierspiel traf, war primär der Jugend
vorbehalten. Das inzwischen renommierte, aus dem Schulchor des Egelner Gymnasiums
hervorgegangene Vokal-Ensemble „Young Voices" brachte mit schwungvoller
und frischer Stimmgebung unter der Leitung von Dr. Ralf Schubert heitere und
besinnliche Chormusik des 20. und 21. Jahrhunderts zu Gehör. Mit seiner überaus
nuancierten und innerlich hoch vergeistigten Interpretation der Präludien von
Dmitry Schostako-
witsch gedachte der Komponist und Pianist Axel Gebhardt,
Halle/Saale, des 100. Geburtstages dieses das 20. Jahrhundert in seinen
Bedrückungen und Befreiungen reflektierenden Komponisten.
Bereits zum 13. Mal konnte der Jugend-Kompositions-Wettbewerb
zum TK-Fest Sachsen-Anhalt ausgelobt werden. Die gezielte und individuelle
Förderung des kompositorischen Nachwuchses gehört zu den bewah-renswerten
Traditionen, die bis in das Jahr 1976 zurückreichen, als an der damaligen
Bezirksmusikschule „Georg Philipp Telemann", Magdeburg, unter Leitung des
verdienstvollen langjährigen Musikschulleiters Günter Bust und auf Initiative
des Magdeburger Komponisten Klaus-Dieter Kopf die erste Jugend-Komponistenklasse
ins Leben gerufen wurde. Zu den weiteren Wurzeln gehört die Gründung der
Orchesterwerkstatt Junger Komponisten durch den Komponisten und Musikdirektor
Hans Auenmüller, den Komponisten Hans J. Wenzel und den Musikwissenschaftler
Rüdiger Pfeiffer am Theater (Nordharzer Städtebund-theater) Halberstadt, die
seit der deutschen Wiedervereinigung mit Prof. Martin Christoph Redel
(Musikhochschule Detmold) und Jeunesses musi-cales kooperiert. Gemeinsam mit
dem langjährigen DTKV-Bundesgeschäfts-führer und Münchner Komponisten Klaus
Obermayer wurde 1994 eine weitere Facette zur Förderung junger
Kompositionstalente hinzugefügt, so dass jährlich Ausschreibungen mit
wechselnden Ansprüchen an Besetzungsvarianten - inzwischen über Sachsen-Anhalt
hinaus - stattfinden.
Zum 15. TK-Fest hatte die Jury, zu der auch die
sachsen-anhaltischen Komponisten Thomas König und Peter Petkow gehörten, unter
13 Einsendungen auszuwählen. Die hohe Qualität der eingereichten Kompositionen
ließ die Jury zu der Entscheidung kommen, dass der 1. Preis in diesem Jahr
nicht vergeben wurde, dafür der 2. Preis zweimal und ein Förder- sowie ein
Sonderpreis, gestiftet von Klaus Obermayer, k.o.m. Verlag München.
Beim Preisträgerkonzert im Konservatorium „Georg Philipp
Telemann" am Magdeburger Kulturdreieck stellte die Sinfonietta Dresden
mit ihren versierten Ensemblemitgliedern um Uwe Krause - selbst aus der Komponistenklasse
Halle-Dresden bei Prof. Hans J. Wenzel hervorgegangen - erneut ihr
charakteristisches Engagement, Verständnis und Einfühlungsvermögen für die
Partituren junger Komponisten unter Beweis. Moderiert vom Leiter der
Magdeburger Komponistenklasse Bernhard Schneyer,
wurden neben den Uraufführungen der preisgekrönten Werke auch Musikstücke
vorgestellt, die von Schülern der Komponistenklassen Halle-Dresden und
Magdeburg geschaffen worden waren.
Die meisten hatten ein Programm als Inspirationsquelle, aus
dem einerseits originelle Klanglichkeiten (Flascheblasen,
Lamellenfensterrollo, Scordatura des Violoncellos, zwei Geigerinnen auf einer
Violine spielend), andererseits nachdenklich stimmende lyrische Töne
hervorgingen.
David Osten wurde für sein Klavierquintett, Thomas Krüger
für sein „Streichquartett für ein glückliches Leben" mit jeweils dem 2.
Preis geehrt, der 3. Preis wurde Neele Hül-cker für ihre Komposition „Silhouetten,
Schatten, amorphe Gestalten" zugesprochen. Pauline Schöne erhielt den
Sonderpreis des k.o.m. Verlages München für ihr Werk „Die 60 Kilo Schaukel und
der 3.000 Kilo Bär", das ähnlich wie Julia Rarischs mit dem Förderpreis
gewürdigte Werk „Lo spo-stamento" eine visuell-fantastische Vorstellung
klanglich assoziiert.
Das abendliche Kammerkonzert führte in die Magdeburger Kathedrale St.
Sebastian. Doch nicht die 2005 erbaute Eule-Orgel (56 Register, mitteldeutsche
Friedrich-Ladegast-Tradition) erklang, sondern das Münchner Bläserquintett
„simple music for five" mit Uraufführungen unter dem Konzertmotto „Cogito
ergo sum".
|